Wohin im Katastrophenfall?

Schwarz-grüne Kooperation bringt Konzept für Anlaufstellen auf den Weg

Kein Strom, kein Handyempfang, keine Orientierung: Wohin können sich die Menschen wenden, wenn es zu einer Katastrophe wie der Flutnacht im vergangenen Juli kommt? Wer gibt Auskunft? Wo findet man Hilfe? Wie erreichten Informationen möglichst alle Betroffenen?

Damit Meckenheim für den Fall der Fälle gewappnet ist, wird die Stadtverwaltung ein Konzept mit zentralen Anlaufstellen zur Information und grundlegenden Versorgung der Bevölkerung erstellen. Ein entsprechender Antrag der Kooperation von Bündnis 90/Die Grünen und CDU im Haupt- und Finanzausschuss wurde einstimmig angenommen. Auch sollen die Bürger:innen über Selbsthilfe im Katastrophenfall umfassend informiert werden – mit einem besonderen Augenmerk auf Pflegebedürftige und deren Angehörige sowie Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen. Für sie ist eine gezielte Information besonders wichtig.

„Hilfe zur Selbsthilfe vorbereiten und damit die Einsatzkräfte effektiv in den Krisensituationen entlasten“

damit fasste Tobias Pötzsch den Antrag zusammen.

Die teilweise mehrtägigen Stromausfälle in Meckenheim und seinen Ortsteilen hätten gezeigt, dass die Bevölkerung in solchen unvorhergesehenen Situationen einen erheblichen Informations- und Unterstützungsbedarf hat. Abhilfe sollen unabhängig vom Schadensereignis vorher festgelegte Anlaufstellen im gesamten Stadtgebiet schaffen, die je nach Situation aufwuchsfähig sind. Dort sollen im Bedarfsfall Informationen und Lademöglichkeiten für Elektrogeräte, aber in größeren Schadenlagen oder länger anhaltenden Situationen auch Trinkwasser und Essen, Kleidung sowie medizinische und psychologische Grundversorgung verfügbar sein. Auch wer helfen will, weiß dann, wohin er sich wenden kann. Vorbild ist das Projekt „Kat-Leuchttürme“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Dadurch werde Entlastung für die Bevölkerung und die Handelnden in unsicheren Situationen geschaffen. Nicht zuletzt sei eine effektive Hilfe in Notlagen auch zuallerst auf eine gute Vorbereitung und Selbsthilfefähigkeit vor Ort angewiesen, so Pötzsch weiter.

„Die Stadtverwaltung arbeitet derzeit an einem umfassenden Konzept zum Hochwasserschutz, das wir als Kooperation ebenfalls auf den Weg gebracht hatten“, fasst CDU-Fraktionsvorsitzender Joachim Kühlwetter zusammen.

„Nun wollen wir auch sicherstellen, dass die Bevölkerung so schnell und umfassend wie möglich informiert und ihre Fähigkeit zur Selbsthilfe gestärkt wird.“

Hier könnt Ihr unseren Antrag nachlesen:

Antrag

Die Verwaltung wird beauftragt,

  1. Ein Konzept für Anlaufstellen an zentralen Punkten in den Ortsteilen und der Kernstadt zur Information und grundlegenden Versorgung der Bevölkerung bei Großschadenlagen wie z.B. Sturzfluten oder anhaltenden Stromausfällen zu erstellen. Hierzu sind die lokalen Bevölkerungsschutzorganisationen, Kirchengemeinden und Vereine beratend hinzuzuziehen. Basis hierfür können die Erkenntnisse aus dem Projekt „Kat-Leuchttürme“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sein.
  2. die Bürgerinnen und Bürger über Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge, die diese selbst durchführen können, sowie die Angebote der Bevölkerungsschutzorganisationen zur Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung zu informieren (z.B. zentrale Bereitstellung der Information auf der Homepage der Stadt) und darauf hinzuwirken, dass die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung beibehalten oder ausgeweitet wird. Dabei sollten auch besonders vulnerable Gruppen, wie Pflegebedürftige und deren Angehörige oder Nicht-Deutschsprachige Personen in den Blick genommen werden.
  3. dem Ausschuss jährlich über die Sachstände zu 1) und 2) zu berichten.

Begründung:

Resilienz als positive gesellschaftliche Fähigkeit, um Krisen und Katastrophen zu bewältigen erfordert auch Einsatzkräfte, Ressourcen, Pläne und Kommunikationsstrukturen vor Ort. Die teils mehrtägigen Stromausfälle in Altendorf-Ersdorf, Lüftelberg, der Kernstadt sowie Teilen der Neuen Mitte haben gezeigt, dass die Bevölkerung einen erheblichen Informations- und teils auch Unterstützungsbedarf hat, der auf den üblichen Wegen und u.U. auch mit den bestehenden Strukturen nicht gedeckt werden kann. Abhilfe können hier unabhängig vom Schadenereignis vorher definierte und entsprechend konzipierte Anlaufstellen in den Ortsteilen sein, die beispielsweise in Feuerwehrgerätehäusern (wobei diese Infopoints nicht durch das Personal der Feuerwehr, sondern durch die Verwaltung sowie andere Katastrophenschutzorganisationen betrieben werden sollen), Gemeindezentren oder anderen zentralen Einrichtungen positioniert werden. Dort können sowohl gesicherte Informationen als potentiell auch Ausgabestellen für Trinkwasser, Grundnahrungsmittel, Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs, Ladestellen für Elektrogeräte, medizinische Grundversorgung und psychosoziale Notfallversorgung oder Ähnliches sowie Anlaufstellen für Spontanhelfende oder Hilfebedarfe angeboten werden. Eine Grundlage hierfür können, in Ergänzung zu den Erfahrungen der Verwaltung aus der Katastrophe des vergangenen Sommers, die Erkenntnisse aus dem Projekt „Kat-Leuchttürme“ der Berliner Feuerwehr und des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sein, das eine modulare Lösung mit unterschiedlichen Aufwuchsvarianten ergeben hat. Diese stellen so tatsächliche Anlaufstellen dar, die mit ausgebildetem Personal, Notstrom und Kommunikationsmöglichkeiten ausgestattet sind.

Die Tatsache, dass die meisten Menschen noch nicht mit größeren Katastrophen in Kontakt gekommen sind, wiegt viele in falscher Sicherheit und reduziert die Selbsthilfefähigkeit Einzelner und der Gesellschaft. Dennoch zeigen die jüngsten Ereignisse eine große Bereitschaft zur Hilfeleistung, die durch entsprechende Vorbereitung zielgerichtet und effektiver geleistet werden kann. Die bestehenden Informationen zur Stärkung der Selbsthilfefähigkeit, wie der im Rathaus bereits ausliegende „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ und die „persönliche Checkliste“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sind, so zeigen es Warntage und Kommentare der Bevölkerung in den (sozialen) Medien, nicht ausreichend. Dies haben auch die Reaktionen auf die Sirenenalarme anlässlich des Hochwassers beim Sturmtief „Bernd“ gezeigt. Wirksamer Brand-, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz bauen auf der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung auf und ergänzen diese. Deswegen zählen auch Aufbau, Förderung und Leitung des Selbstschutzes der Bevölkerung sowie Unterrichtung und Ausbildung der Bevölkerung zu den Pflichtaufgaben der Gemeinden im Bevölkerungsschutz (§3 Abs. 5 BHKG, §5 ZSKG), die nicht nur in Meckenheim, sondern gesamtgesellschaftlich in den vergangenen Jahren vernachlässigt wurden. Neben den bereits seit einigen Jahren an den weiterführenden Schulen durchgeführten „Erste Hilfe-Kursen mit Selbsthilfeinhalten“ ist es unserer Auffassung nach zusätzlich   erforderlich, auch jüngere Kinder und Erwachsene für die Möglichkeiten und Notwendigkeiten, aber auch die Grenzen der persönlichen und staatlichen Notfallvorsorge zu sensibilisieren und die Fähigkeit zur Selbst- und Fremdhilfe zu steigern. Ziel soll die Schaffung einer positiven Risikokultur im Sinne der Resilienz sowie die Vermittlung der relevanten Handlungskompetenzen sein. Diese können in außergewöhnlichen Not- und Krisenlagen eines Zivilschutzfalles zielführend zum Einsatz kommen, aber auch bereits bei Notfallsituationen des „Alltags“ nutzbar sein, um so die praktische Fähigkeit der Bevölkerung zur Selbst- und Fremdhilfe in außergewöhnlichen Notlagen zu steigern, damit auch in der Zeit bis zum Eintreffen professioneller Hilfskräfte, sowie danach im Bedarfsfall zu deren weiteren Unterstützung vor Ort, eine unmittelbare Hilfe gewährleistet wird.

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.