Handlungsfähigkeit erhalten, um Zukunft zu gestalten

Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2023/24

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Ratsmitglieder, liebe Bürger*innen, Herr Bürgermeister und Vertreter*innen der Verwaltung!

Ein Bürger hat in einem Leserbrief vor einigen Wochen die Erhöhung der Grundsteuer als Zumutung bezeichnet.

Und ich möchte ihm grundsätzlich Recht geben.

Denn ja, dieser Haushalt ist eine Zumutung. Die gesamte Haushaltsberatung war eine Zumutung. Eine Zumutung für alle, die sich mit dem Zahlenwerk befassen und irgendwie einen Umgang damit finden mussten:  die Rats- und Ausschussmitglieder, aber auch die Mitarbeitenden der Verwaltung, denen allen an dieser Stelle zu danken ist.

Einmal mehr waren die Haushaltsberatungen bestimmt von der Überlegung, welche Projekte gestrichen oder geschoben und wie Einnahmen generiert werden können, um Löcher zu stopfen. Ihr Ergebnis ist in vielerlei Hinsicht eine Zumutung für die Meckenheimer Bürgerschaft. Die Einsparungen wie auch die Erhöhungen von Gebühren und Abgaben sind schmerzhaft. Für alle. Das wollen wir weder in Abrede stellen noch schönreden.

Deswegen möchte ich dem Verfasser des Leserbriefes auch widersprechen: in der Annahme, „die Politik“ würde über die Köpfe der Bürger*innen hinweg entscheiden. „Die Politik“ gibt es nicht. Wir alle hier sind Bürger*innen dieser Stadt, Eltern, Mitglieder in Vereinen. Wir alle erleben die Auswirkungen unserer Entscheidungen auf die eine oder andere Art. Wir alle werden auch mit den Zumutungen dieses Haushaltes leben müssen.

Deswegen wurde jedenfalls von uns kein Antrag auf Kürzungen von Leistungen oder Erhöhung von Gebühren oder Steuern ohne – teils auch hitzige – Diskussionen gestellt oder abgestimmt. Keine dieser Entscheidungen wurde – zumindest in unserer Fraktion – „locker, flockig“ getroffen, wie es eines der anderen Ratsmitglieder bezeichnete. Wenn man eine solche Behauptung aufstellt, während die eigene Fraktion keinen einzigen Antrag gestellt oder auch nur einen konstruktiven Beitrag zum Haushalt geleistet hat, ist das zynisch.

Genauso zynisch ist es, die unterstellte locker-flockige Gelassenheit selbst an den Tag zu legen: indem man ein erneutes Haushaltssicherungskonzept einfach hinnimmt, ohne gleichzeitig die Konsequenzen aufzuzeigen und dann aber die Schuld bei allen anderen sucht. 

Dass es keinen Unterschied macht, ob wir – wie aktuell – in der vorläufigen Haushaltsführung oder in einer Haushaltssicherung sind, ist schlicht falsch und die Behauptung eine Irreführung der Bürger*innen.

Derzeit können wir an freiwilligen Leistungen festhalten. Wir haben die Freiheit, das Schwimmbad samt Sauna zu betreiben. Wir können entscheiden, Zuschüsse zu Ferienfreizeiten zu gewähren, wir haben die Freiheit, keine Nutzungsgebühren von Sportvereinen zu erheben. Wir können über die Zukunft der Bücherei beraten. Wir haben die Freiheit, darüber zu entscheiden, wie Elternbeiträge für Kindergärten und OGS gestaltet werden. Wir haben auch die Freiheit, über den Bau eines zeitgemäßen Campus für die weiterführenden Schulen zu entscheiden.

Eine Haushaltssicherung stellt all das zur Disposition. Und nicht nur das: Die Streichung freiwilliger Leistungen ist das eine. Zusätzlich steht dann auch eine weitere und noch deutlichere Erhöhung aller Steuern und Abgaben an, um den Haushalt auszugleichen. Die wird dann aber nicht durch uns diskutiert und abgestimmt, sondern von der Aufsichtsbehörde vorgegeben.

Wir wollen, dass Meckenheim lebenswert bleibt. Wir wollen die Stadt für die Zukunft gestalten. Dazu braucht es Entscheidungsspielräume. Wir wollen auch in Ausschüssen und Rat diskutieren über Themen, zu denen man unterschiedlicher Auffassung ist. Das gäbe es in einer Haushaltssicherung kaum mehr. Rat und Ausschüsse wären dann auf die Kenntnisnahme und formale Zustimmung zu Notwendigkeiten beschränkt. Das kann und sollte nicht unser aller Ziel sein. Unseres ist es in jedem Fall nicht!

Und es wird auch der Verantwortung nicht gerecht, die uns von den Wählerinnen und Wählern übertragen wurde. Keine Vorschläge zu machen, wie mit der Situation umgegangen werden kann, kam zumindest für uns deswegen nicht in Frage. Das bedeutet auch, manchen Unmut auszuhalten. Einfach nur dagegen zu sein, ist bequem, aber ideenlos und vor allem eins: unkonstruktiv. Es wäre zu hoffen, dass dieselben Leute dann auch die Konsequenzen entsprechend vertreten.

Die derzeitige Haushaltslage ist – und das bleibt wichtig zu betonen – nur in Teilen ein hausgemachtes Problem. Wesentlich entsteht sie auch dadurch, dass Unterstützung von Bund und Land zur Erfüllung gesetzlicher Auflagen fehlt. Viele Entscheidungen werden nicht mehr von der Kommune getroffen oder können von ihr nicht mit dem entsprechenden Spielraum getroffen werden. Es fehlt einfach an den finanziellen und damit personellen Möglichkeiten, um tatsächlich wegweisende Entscheidungen zu treffen und umzusetzen.

Meckenheim ist lebenswert. Und im Vergleich zu anderen Städten auch sauber. Wir haben eine gute Infrastruktur, um zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs zu sein. Das soll auch so bleiben. Natürlich sind andere Dinge ausbaufähig: in Schulen und Kitas haben wir einiges Ausbaupotenzial, das haben Verwaltung und auch der Stadtrat lange erkannt. Dass am Projekt Schulcampus festgehalten wird, um die weiterführenden Schulen zeit- und vor allem zukunftsgerecht zu gestalten, dass am Ausbau der Kita- und OGS-Betreuung weitergearbeitet wird, ist deswegen anzuerkennen. Viele andere Projekte bleiben aber in einer immer länger werdenden Warteschleife: die Umsetzung der Digitalisierung in Schulen und Verwaltung, die Erneuerung der Feuerwehrgerätehäuser, die Renovierung der Dreifachturnhalle, um nur einige zu nennen.

Dass wir eigentlich dringend benötigtes Personal in der Verwaltung streichen müssen, trägt nicht zu einer Verbesserung der Situation bei. Deswegen haben wir der Kürzung ausgerechnet der konkret beantragten Stellen bereits im Haupt- und Finanzausschuss nicht zugestimmt, wenngleich schon auf Grund der Haushaltssituation dann natürlich Stellen gekürzt werden müssen. Denn auch die Stadtverwaltung ist in ihren Möglichkeiten durch ihr Personal und dessen Zeitkapazität begrenzt. Sie kann deshalb die Beschlüsse des Rates oft nur mit einiger Verzögerung umsetzen.

Wir begrüßen deswegen, dass die Stadt trotzdem viele Projekte auch unter Beteiligung der Bürgerschaft weiter vorantreibt. Das ist sinnvoll investierte Zeit, weil Entscheidungen oft besser werden, je mehr Menschen und Perspektiven daran beteiligt sind. Wir alle sollten deshalb die Möglichkeiten der Mitbestimmung nutzen. Als Mitglieder des Stadtrates, aber vor allem alle Bürger*innen. Zum Beispiel als Beteiligung in Projekten wie Klikks, dem Jugendrat oder Bürger*innenwerkstätten. Alle Bürger*innen sind auch immer herzlich eingeladen, sich mit ihren Anmerkungen und Wünschen an uns zu wenden. Demokratie lebt von Vielfalt, deshalb muss sie erhalten oder besser noch durch zusätzliche Beteiligungsformen vergrößert werden.

Ein solcher Haushalt ist eine gemeinsame Kraftanstrengung, nicht nur der Politik und Verwaltung, sondern auch der Bürger*innen. Auch der Abschied “von liebgewonnenen Gewohnheiten”, wie es der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede formuliert hat, gehört dazu. Das erfordert auch unangenehme Entscheidungen. Die mussten wir alle treffen, einige mehr, andere offenbar weniger. Warum das zwar die Erhöhung von Betreuungskosten und Einschnitte beim Breitensport betreffen sollte, ohne dass man gleichzeitig bereit ist, beispielsweise auf die Sauna zu verzichten, bleibt uns nämlich unerklärlich.

Warum das für uns ein Problem ist, ist einfach: Die Stadt Meckenheim bezuschusst jeden Saunabesuch mit etwa 15€. Um das in ein Verhältnis zu setzen: Die Kosten für ein Mittagessen in der OGS betragen etwa 3,50€. Wir werden das Thema der Preisgestaltung für die Sauna bei wieder auf die Tagesordnung setzen lassen, um hierzu erneut zu diskutieren.

Uns war es wichtig, Belastungen möglichst gleich zu verteilen, und insbesondere Familien und das Ehrenamt nicht weiter zu belasten als es unbedingt notwendig ist. Positiv bleibt deswegen: Die Erhöhung der Kosten für die Kinderbetreuung konnte abgewendet werden. Die Eintrittspreise für Kinder und Jugendliche ins Schwimmbad bleiben stabil, die Nutzungsgebühr für das Lehrschwimmbecken ebenfalls. Wir wollen das Hallenbad erhalten, um weiter unserer Verantwortung nachkommen zu können, Kindern das Schwimmen beizubringen und den Sportvereinen eine Trainingsmöglichkeit zu bieten.

Breitensport muss insgesamt weiter möglich bleiben. Deswegen wollen wir im Gegensatz zu anderen Kommunen auf eine Nutzungsgebühr für Sportstätten verzichten. Wir vertrauen auf die gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten, durch die Konsolidierung der Nutzungszeiten in den städtischen Anlagen und natürlich deren Einhaltung große Einsparungen vor allem bei den Energiekosten zu erreichen.

Die zusätzlich beantragte Einsparung von 100.000€ bei der Hallen- und Sportplatznutzung hätte weitere, erhebliche Einschränkungen für den Breitensport bedeutet. Deswegen haben wir dem nicht zugestimmt. Auch künftig werden uns die Themen Umwelt- und Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels begleiten. Auf unsere Initiative hin steht in diesem Haushalt erstmalig das „Produkt“ Klimaschutz.

Die hierfür eingeplanten Mittel sind – wie in anderen Bereichen auch – keinesfalls ausreichend, um sinnvoll in die Zukunft planen zu können. Dennoch: die geplante Personalausstattung ist verbessert, und es wurden Mittel für die Erstellung eines Klimaneutralitätskonzeptes eingestellt, um zumindest ansatzweise die Erfordernisse des Klimaschutzgesetzes zu erfüllen. Auch wir mussten Kompromisse eingehen: Noch gibt es keine gesetzlichen Verpflichtungen, deshalb mussten wir hinnehmen, dass die Mittel für das „Ökologische Grünflächenmanagement“ zunächst komplett in die Zukunft verschoben wurden. Wir erwarten schmerzhafte Einschnitte nicht nur von anderen, sondern nehmen sie auch in einem unserer Herzensthemen vor.

Die wirtschaftliche und politische Situation und der Klimawandel stellen uns vor große Herausforderungen, und das werden sie auch zukünftig. Dem zu begegnen, bedeutet auch, neu zu denken: Um das Gute, das wir haben, für unsere Kinder und deren Kinder zu bewahren. Das bedeutet auch, Privilegien aufzugeben, um Gleichbehandlung zu ermöglichen, und vor allem: solidarisch zu handeln.

Das bedeutet auch, sich auf neue Wege einzulassen, guten Beispielen zu folgen, Standards und frühere Entscheidungen zu hinterfragen.  Das bedeutet, Ansätze für den besten und schnellsten Weg zu den Zielen finden, die unseren Kindern und Enkelkindern ein sicheres und gesundes Leben, gute Bildung, eine intakte Umwelt und eine positive Zukunftsperspektive ermöglichen. Das bedeutet auch, nicht mehr alle zufriedenstellen zu können und ja: auch auf eigene Bequemlichkeit und vermeintliche Ansprüche zu verzichten. Auch das bedeutet für einige, Zumutungen in Kauf zu nehmen.

Unser aller Interesse muss es aber sein, eine Zukunft überhaupt zu ermöglichen. Aber auch dazu braucht es: Entscheidungsspielräume.

Der vorliegende Haushalt ist und bleibt deswegen eine Zumutung. Wir sind nicht mit allen Punkten einverstanden. Auch das gehört dazu: Vorschläge einbringen, diskutieren, Kompromisse eingehen und Mehrheiten akzeptieren. Der vorliegende Entwurf ist getragen von vielen Zugeständnissen und Kompromissen, bewirkt aber letztlich das Wesentliche: die Handlungsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten, die Mitwirkung von Rat und Ausschüssen an Zukunftsentscheidungen weiter zu ermöglichen und die Perspektive, dass Meckenheim auch in Zukunft eine Stadt bleibt, in der man gut und gerne lebt.

Daher stimmen wir als Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN dem vorliegenden Haushalt – und das ganz sicher nicht leichtfertig – zu.

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