Beim Abschalten der Pannen-Atomkraftwerke flackert in Belgien keine Lampe

Grüne aus Meckenheim und Rheinbach luden zur Infoveranstaltung über Anti-Atompolitik

„Wir wollen die europäische Energiewende!“ Darin waren sich der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer und der Landtagsabgeordnete Hans Christian Markert einig. Als Experten referierten und diskutierten sie mit über 30 interessierten Einwohner*innen auf einer Informationsveranstaltung der Ortsverbände Rheinbach und Meckenheim von Bündnis 90/Die Grünen am 28. Juni im Himmeroder Hof. „Tihange ganz nah – Risiko ohne Ende?“ lautete der Titel. Denn im Zentrum des Abends standen die Pannen am belgischen Atomkraftwerk Tihange – und die daraus resultierenden Risiken auch für den Rhein-Sieg-Kreis.

Defizite bei der Sicherheitskultur und technische Probleme

Schließlich liegt Tihange, das zuletzt immer wieder in die Schlagzeilen geriet, nur 65 km Luftlinie von Aachen und 120 km entfernt von Meckenheim/Rheinbach. Hinzu kommt ein zweiter problematischer belgischer Standort in Doel. Insgesamt gehe es um sieben Atomkraftwerke an den zwei Standorten, so Oliver Krischer,  Stellvertretender Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion. Deren Betrieb gleicht russischem Roulette: Die technischen Probleme häufen sich, die Defizite bei der Sicherheitskultur sind groß. Vielfältige Risse, vermehrt auftretende Zwischenfälle, die zu inzwischen fast wöchentlichen automatischen Notabschaltungen führen sowie fehlenden Schutz vor Hochwasser und Flugzeugabstürzen führte Krischer an. Trotzdem habe sich die belgische Regierung 2012 entschlossen, die Laufzeiten der Alt-Atommeiler zu verlängern. Entsprechend hoch liege weiterhin der Anteil von Atomstrom im Nachbarland. Mehr noch: Die Risiko-Technologie sei gewissermaßen Teil der nationalen Identität. wie das Atomium in Brüssel symbolisiert.

Atomkraft als Teil der nationalen Identität?

Entsprechend plädieren die Experten Markert und Krischer dafür, viel stärker mit der belgischen Regierung über Alternativen zur Atomkraft zu reden. Der Ausstieg sei letztlich nur eine finanzielle Frage, keine Frage der Versorgungssicherheit: Wenn die belgischen Reaktoren abgeschaltet würden, flackere keine einzige Lampe, brachte es der Bundestagsabgeordnete Krischer auf den Punkt. Den notwendigen Strom könnten etwa die im Grenzgebiet zahlreich existierenden Gaskraftwerke liefern.

Um das deutsche Modell vom Atomausstieg in ganz Europa Realität werden zu lassen, braucht es aus Sicht der beiden grünen Abgeordneten zudem eine breite politische Bewegung. Aufgrund einer fehlenden Prüfung der Umweltverträglichkeit klagt die Städteregion Aachen gegen den Weiterbetrieb der belgischen Pannen-Meiler. Neben dem Land NRW haben sich 80 Kommunen und Landkreise der Klage angeschlossen oder unterstützen diese. Durch eine Unterstützung des Bundes könnte die Klage noch wirksamer werden. Auch länderübergreifende Austauschbeziehungen könnten sich mit dem Thema des Atomausstiegs beschäftigen. So betonte Markert, es sei ein „alter Traum“ von ihm, dass Städtepartnerschaften nicht nur für Weinproben genutzt, sondern auch politisiert würden.

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