Gerechtere und transparentere Straßenausbaubeiträge

Das System der sog. „Straßenausbaubeiträge“ muss gerechter und transparenter werden. Insofern war es richtig und wichtig, dass die BfM-Fraktion dieses Thema in der letzten Ratssitzung auf die Tagesordnung gebracht hat. Doch der Antrag für eine Resolution, die den Landtag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auffordert, machte es sich zu einfach. Wir als Grüne teilen die Diagnose, aber bevorzugen einen anderen Therapieansatz.

Hierzu habe ich in der Ratssitzung mündlich und in freier Rede unsere Position ausführlich begründet.

Hier die wichtigsten Argumente:
Straßenausbaubeiträge abschaffen – Das klingt knackig und bürger*innennah. Ist es das aber wirklich? Man muss Zweifel haben. Ja, wie die Beiträge erhoben werden, das führt(e) teils zu unzumutbaren Belastungen. Belastend ist auch die intransparente Berechnung.

„Weg damit“ ist aber für die Kommunen ein Schuss ins eigene Knie. Denn es ist unklar, wie dauerhaft die notwendige Gegenfinanzierung für die Kommunen gesichert wird. Die SPD-Fraktion im Landtag hat bei ihrem Antrag zur Abschaffung nur allgemein darauf verwiesen, dass das Land kompensieren solle. Die BfM ist hier etwas konkreter. Aber bei beiden Wegen macht man das Land zum Glückes Schmied der Kommunen.

Streichen und das Loch durch Landeszuschüsse gegenfinanzieren, ist ein Glücksspiel. Denn die Einnahmen aus Straßenbaubeiträgen schwanken stark. Feste Ersatzzahlungen bleiben da ein Risiko. Und: Das Land kommt schon jetzt an vielen Stellen seiner Verpflichtung, den Kommunen Kosten komplett zu erstatten, nicht nach. Wenn die Streichung aber unkompensiert bleibt, ist die Streichung nicht bürger*innennah. Denn dann bleibt vor Ort liegen, was gebaut werden muss – oder es steigt mal wieder die Grundsteuer B.

Was also tun? Sicher auch nicht einem Vorschlag von CDU und FDP auf Landesebene folgen und die Entscheidung potentiell den Kommunen belassen. Das ist ein Schwarzer-Peter-Spiel zwischen reichen und armen Orten.

Bei den Straßenausbaubeiträgen braucht es ein besseres Verfahren – schneller, fairer, transparenter. Aber das findet man nur, wenn man die beste Lösung sucht. Manches, was Sinn machen könnte, scheint in Arbeit (Vorgaben zur Kostenbeteiligung nach Straßenart, Chance auf Ratenzahlung, Standardisierung der Baukosten-Ansätze). Sinn könnte noch mehr machen: kommunale Transparenzregister mit Ankündigung beitragsrelevanter Straßenausbaumaßnahmen, Höchstbeiträge, eindeutige Klassifizierung der Straßen, sozial verträgliche Gestaltung von Beiträgen.

Wir vor Ort können dreierlei fordern:
– gerechtere und transparentere Regelungen der Straßenausbaubeiträge,
– zukünftiges Verhindern unzumutbarer Belastungen der Einwohner*innen,
– und (!) dauerhafte Erstattung möglicher Mindereinnahmen der Kommunen.

Wie dies zu erreichen ist, müssen Expert*innen mit der Landesebene klären. Hier sollten wir uns vor Ort nicht zu Expert*innen aufschwingen.

Der reine Antrag, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, macht es sich aus unserer Sicht zu einfach. Die Diagnose der BfM stimmt, wir bevorzugen aber eine andere Therapie. Deshalb haben wir uns zum Resolutionsantrag enthalten.

Tobias Hasenberg

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4 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Behne,

    gerne können wir uns zwischen den Parteien über die Argumente austauschen. Darum geht es ja am Ende.

    (Ein richtiges Diskutieren wäre durchaus schon im Rat gegangen. Da habe ich die Argumente ja auch vorgetragen. Aber klar: Manchmal spricht der Verlauf der Situation dagegen, was schade ist…)

    Klar, wenn wir sprachlich das Visier hochklappen: Es geht meist immer um die beste aller möglichen Lösungen. Diese wird im besten Fall durch neuere, noch bessere Ansätze abgelöst. Echte Lösungen gibt es selten. Auch die Abschaffung der Ausbaubeiträge sehe ich aber nicht als echte Lösung. Denn auch hier müsste man differenziert nach Gerechtigkeit fragen.

    Meine Meinung ist: Statt vorschnellen Lösungen zu huldigen, muss auf Landesebene differenziert über die beste Lösungsmöglichkeit diskutiert werden. Denn es gibt diverse Varianten aus anderen Bundesländern, die nicht im Detail abgewogen worden sind. Aktuell bin ich – wie die grüne Landtagsfraktion – der Überzeugung, dass der gerechteste und fairste Weg ist, im Sinne der im Kommentar von mir genannten Ziele an den Stellschrauben zu drehen und weitere Aspekte (Transparenzregister etc.) dazu zu nehmen. Klar ist aber auch: Wenn sich am Ende einer solchen sorgfältigen Abwägung herausstellt, dass – wie sie vermuten – ein solcher Weg zu teuer und zu aufwändig ist, dann kann sich auch die Abschaffung mit entsprechend dauerhafter Kompensationslösung als beste Lösung herausstellen.

    Aber wir vor Ort können eine Debatte des besten Wegs nicht leisten, wenn sie im Landtag noch nicht geleistet ist. Wenn sie im Landtag noch nicht differenziert geleistet ist und keine dauerhafte Kompensation trägt und sicher ist, bleibt für mich eine reine Resolution „Pro Abschaffung der Straßenausbaubeiträge“ aber zu kurz gegriffen. Ich bleibe dabei: Was wir aus kommunaler Sicht zum jetzigen Zeitpunkt im Sinne der Einwohner*innen fordern können, sind die im Ausgangskommentar von mir benannten Punkte. Am Ende (!) einer echten Landes-Debatte mag dies anders sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    Tobias Hasenberg

    1. Sehr geehrter Herr Hasenberg,
      zur Ergänzung eine Pressemeldung von gestern (13.6.):

      Potsdam (dpa/bb) – Der Brandenburger Landtag hat die umstrittenen Straßenausbaubeiträge abgeschafft. Eine breite Mehrheit von SPD, Linken, CDU und AfD stimmte am Donnerstag in Potsdam dafür, dass die anteiligen Kosten für alle seit Anfang dieses Jahres abgeschlossenen Baumaßnahmen nicht mehr von den Kommunen auf Grundstückseigentümer umgelegt werden. Stattdessen werden sie vom Land übernommen. Die Grünen enthielten sich.

      Die Umsetzung muss noch per Verordnung geregelt werden. Im Landeshaushalt sind für dieses Jahr 31 Millionen Euro vorgesehen. Die SPD-Fraktion rechnet mit einer Belastung von bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr. Der Gesetzentwurf stammte von den rot-roten Koalitionsfraktionen und dem Abgeordneten Péter Vida von BVB/Freie Wähler. Eine von den Freien Wählern initiierte Volksinitiative hatte im Januar mehr als 108 000 Bürgerunterschriften für das Abschaffen der Beiträge übergeben.

      Mit freundlichen Grüßen
      Joachim Behne

      1. Ja, es gibt ein Bundesland mehr, dass sich so entschieden hat. Die reine Pressemeldung über eine Abschaffung mit Mehrheit im Landtag legt aber keinesfalls offen, ob man sich differenziert um eine nachhaltige Lösung bemüht hat, die Einwohner*innen und Kommunen hilft. Ich bleibe dabei: Eine solche differenzierte Diskussion ist der beste Weg zu einer guten politischen Entscheidung in der Frage!

        Nicht umsonst zeigt die von Ihnen verlinkte Pressemeldung: Die Grünen in Brandenburg haben sich enthalten. Warum? Weil der beschlossene Gesetzesentwurf nicht beantwortet, wie bei steigenden Kosten der Ausgleich erfolgt. Ohne eine solche Regelung kommen wir genau an den Punkt wie bei der Forderung in NRW: im Zweifel führt der Beschluss der Abschaffung entweder dazu, dass das Land doch den Kommunen Gelder streicht, wenn es klamm ist. Oder es müssen u.U. andere Projekte im Landeshaushalt weichen, was womöglich ungerecht wird – gegenüber den Bürger*innen.

        Mit freundlichen Grüßen
        Tobias Hasenberg

  2. Sehr geehrter Herr Hasenberg,
    ich freue mich, dass sie sich mit dem Thema ernsthaft und emotionsfrei auseinandergesetzt haben. Sie argumentieren und Sie diskutieren, so wie es in der Kommunalpolitik sein sollte.
    Zu ihren Argumenten habe ich Einwände. Auch ihre Denkrichtung wird das Problem nicht auflösen können, dass das Wort „Gerechtigkeit“ in diesem Zusammenhang niemals objektiv definiert werden kann. Eine echte Lösung über dauerstrittige Themen kann so nicht herbeigeführt werden.
    Ihre angedachte Lösung versucht, mit hoher Regelungsdichte Objektivität zu erzeugen. Aber wir wissen alle, dass je mehr Regeln es gib,t an desto mehr Stellen kann juristisch eingehakt werden. Ich befürchte, dass auf diese Weise nicht nur keine Bürokratie abgebaut wird, sondern im Gegenteil erst recht erzeugt wird. Die Bürokratie einschließlich der Verwaltungsgerichtsverfahren war aber für zum Beispiel die Freie und Hansestadt Hamburg der Grund, die Straßenbaubeiträge abzuschaffen.
    Richtig ist es, wenn in Neubaugebieten die Häuslebauer an den Erschließungskosten beteiligt werden, aber anschließend sollte der Unterhalt der Straßen in den Kommunen genauso zu deren Daseinsvorsorge gehören, wie beim Kreis, beim Land und beim Bund. Das wäre eine klare Lösung.

    Lesen Sie doch bitte zu diesem Thema auch einen Beitrag auf der BfM-Homepage.
    Mit freundlichen Grüßen
    Joachim Behne